Armes Luxemburg

Zu Gast am Land

Wenige Tage nachdem sich Pierre Gramegna (DP) ostentativ über seinen Haushaltsentwurf 2018 und glänzende Wachstumszahlen freute, veröffentlichte die Statistikbehörde STATEC ihren  Bericht zur sozialen Entwicklung des Landes. Die Zahlen hätten erschreckender nicht sein können.

Fast jedeR Fünfte (19,7%) ist dem Armutsrisiko oder sozialer Ausgrenzung in Luxemburg ausgesetzt, am schlimmsten betroffen sind Kinder, Jugendliche (weit über 20%) sowie Alleinerziehende (40,3%). Mit 11,9% ist der Anteil der Working Poor – also jener die trotz Arbeit arm sind – im Jahr 2016 so hoch wie nie zuvor. Mehr als jeder vierte Haushalt (27,4%) hat Probleme am Ende des Monats über die Runden zu kommen und der Anteil prekär Beschäftigter steigt in den letzten Jahren kontinuierlich.

Und weil dies nicht so recht ins Bild passt, beschuldigte Jean-Jacques Rommes (UEL) den STATEC gleich der Manipulation : für jeden Reichen der ins Land käme würde ein Armer in der Statistik hinzukommen. So als wäre der Armutsindex eigentlich ein Reichtumsindex, über den man sich ähnlich freuen müsste wie über Gramegnas Budget.

In Wirklichkeit ist das Medianeinkommen 2016 aber gesunken und somit auch die Schwelle an der statistisch die Grenze zur Armut gemessen wird. In anderen Worten : sinkt das Medianeinkommen, hätte auch die Anzahl derer sinken müssen, die weniger als 60% davon an verfügbarem Einkommen haben. Aber : das Gegenteil ist der Fall.

Der Trend zur zunehmenden sozialen Prekarisierung immer größerer Bevölkerungsgruppen ist seit rund 15 Jahren statistisch erwiesen. Die diversen Sparpakete der CSV-LSAP-Vorgängerregierungen hatten u.a. zum Ziel, die sozialen Transferleistungen – und damit den Sozialstaat – sukzessive abzubauen.

Die aus den Neuwahlen 2013 hervorgegangene grün-sozial-liberale Regierung setzte diese Austeritätspolitik fort und vollzog weitere Einschnitte in die Sozialsysteme. Unter anderem fällt nun das Kindergeld für kinderreiche Familien deutlich niedriger aus als vor der Reform und entspricht nicht den realen Bedürfnissen der Betroffenen, ebenso wenig wie die Reform der Studienbörsen.

Wenn man seinen Sozialstaat jahrelang zusammenspart und gleichzeitig immer neue Steuernischen für Ultrareiche und multinationale Konzerne schafft, dann klafft unausweichlich die soziale Schere zwischen reich und arm immer weiter auseinander. Selbst ein enormes Wirtschaftswachstum ändert daran nichts. Denn eine Zahl steigt noch schneller als das BIP-Wachstum : die jährliche Erhöhung der Miet- und Kaufpreise für Wohnungen – bei gleichzeitiger Stagnation der Kaufkraft niedriger Löhne.

Die Regierung steht in der Verantwortung auf diese Situation zu reagieren. Allein : ihr scheint der politische Wille zu fehlen.

déi Lénk fordern deshalb ein grundsätzliches Umdenken in jenen Bereichen, die Quellen der Armut sind :

(1) Eine strukturelle Erhöhung des Mindestlohnes. Die Kaufkraft niedriger Löhne muss unbedingt gestärkt werden, um den realen Lebenshaltungskosten gerecht zu werden. Arbeit muss sich lohnen.

(2) Die vorgeschlagene Reform des RMG (REVIS) ist völlig unzureichend, da sie keine Grundsicherung oberhalb der Armutsgrenze darstellt. Hier besteht akuter Nachbesserungsbedarf.

(3) Wohnungspreise und – mieten steigen so schnell, dass weder Löhne noch Sozialtransfers sie gänzlich auffangen können. Die öffentliche Hand muss die Wohnungsfrage endlich den Marktkräften entreißen und selber bauen.

Wenn in einem Land, dessen Fonds-Industrie mehrere Tausende Milliarden Euro verwaltet, über ein Viertel der Bevölkerung Schwierigkeiten hat, über die Runden zu kommen, dann wird es höchste Zeit für ein grundlegendes Umdenken.

Marc Baum, Abgeordneter déi Lénk

 

 

 

 

 

 

 

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