Die LSAP zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit: Offener Brief an Alex Bodry und Etienne Schneider

Werter Parteipräsident,
Werte Kolleginnen und Kollegen,

Die Unternehmerverbände pochen immer wieder auf „administrative Vereinfachung“, sowohl was die Niederlassung von Betrieben, als auch was die Beschleunigung anderer Genehmigungsverfahren betrifft. Dabei werden Umweltschutz, Bürgerbeteiligung und Einspruchsmöglichkeiten der Gemeinden den Wünschen der Unternehmer nach wirtschaftlicher Gestaltung untergeordnet. Bei ihren Bestrebungen die Imperative der Wirtschaft über das Wohlbefinden von Mensch und Natur zu erheben, konnten die Unternehmerverbände nicht nur auf die Unterstützung von CSV und DP, sondern auch auf diejenige der sukzessiven LSAP-Wirtschaftsminister zählen.

Nachdem Jeannot Krecké der Regierung bereits ein „65-Punkte-Programm zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit“ vorgelegt hatte, ließ sein Nachfolger Etienne Schneider kurz nach seinem Amtsantritt der Regierung ebenfalls ein 21-seitges „Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit“ zukommen. Soweit wir der Presse entnehmen konnten (siehe u.a. ‚Lëtzebuerger Land‘ vom 26.7.2013), handelt es sich dabei um „knapp ein Dutzend Vorschläge bestehend aus gezielten Eingriffen in bestehende Prozeduren“.

Wie Etienne Schneider im Land-Interview selbst erklärt, habe er bei der Orientierungsdebatte im Parlament am 16. Mai dieses Jahres nur einen kleinen Teil davon erläutert, da es sich bei der Mehrzahl der Vorschläge „ausschließlich um Sachen handelt, die außerhalb meines Kompetenzbereiches als Wirtschaftsminister liegen“. Die „Ministerkollegen“ „seien sich oft nicht bewusst, wo es klemmt“. Deshalb habe er ihnen auch “einen Rappel geschickt“, bisher jedoch keine Antworten erhalten.

Bevor Neuwahlen beschlossen waren, hat Wirtschaftsminister Schneider also mit konkreten Vorschlägen eine Debatte lanciert um die „Wettbewerbsfähigkeit“ zu verstärken. Soweit wir den verschiedenen Stellungnahmen entnehmen konnten – besagtes Papier wurde bisher nicht veröffentlicht – geht es dabei um eine Reihe von gezielten Eingriffen in bestehende Genehmigungs- und Umweltschutzprozeduren, die allesamt zum Ziel haben, die Kontrollbefugnisse der betroffenen Gemeinden und des Umweltministeriums gegenüber Bauprojekten einzuschränken.

Genehmigungsprozeduren durch den Umweltminister sollen, ebenso wie der „Plan sectoriel“ „Schützenswerte Landschaften“, abgeschafft werden. Die Einspruchsmöglichkeiten der Gemeinden werden in Frage gestellt, u.a. um in den als Grünzonen ausgewiesenen Gebieten den Bau von Infrastrukturprojekten zu verhindern. Die Regelung der Natura-2000-Gebiete wird direkt attackiert. Alle Bauprojekte „von allgemeinen Interesse“ sollen künftig keine Baugenehmigung mehr vom jeweiligen Bürgermeister benötigen, um zu verhindern, dass sich Gemeinden „aus rein lokalen Ursachen“ der Durchführung von nationalen Infrastrukturprojekten auf ihrem Gelände widersetzen. Mit ausdrücklichem Hinweis auf die „Situation in Sassenheim“ (SOTEL Leitung) soll die Genehmigung der Bürgermeister nicht mehr erforderlich sein bei Strom- und Gasleitungen, so wie das gegenwärtig schon bei Autobahnen der Fall ist. Zusätzlich will Etienne Schneider, dass ein für alle Mal geklärt wird, „was in der EU und auf nationaler Ebene Priorität hat: Umweltschutz oder Industriepolitik“.

Auf Grund der Neuwahlen und des umfassenden Charakters der Vorschläge von Etienne Schneider stellt sich jetzt die Frage, ob der LSAP-Spitzenkandidat Schneider noch zu den Vorschlägen des Wirtschaftsministers Schneider steht, oder ob für ihn und die LSAP diese Vorschläge Vergangenheit sind und für die nächste Legislaturperiode Abstand davon genommen wird?!

Es wäre wichtig, dass die LSAP diese Frage klar und deutlich beantwortet und dass sie –
wegen der auch von ihr geforderten Transparenz – die Vorschläge von Schneider allen Bürger/innen zugänglich macht und sie folglich veröffentlicht.

Nicht nur zahlreiche Bürgermeister, darunter diejenigen von Sassenheim, Schifflingen, Esch-Alzette und Monnerich, sind an der Klärung dieser Frage interessiert. Auch die betroffenen Bevölkerungen und vor allem auch die Wählerinnen und Wähler sollen wissen, wo sie mit den Vorschlägen von Wirtschaftsminister respektive Spitzenkandidat Schneider dran sind.

Wir bedanken uns für Ihre Antwort auf dieses Anliegen.

Hochachtungsvoll,

Fabienne LENTZ, Sprecherin von déi Lénk
Justin TURPEL, Gemeinderat
Serge URBANY, Abgeordneter
David WAGNER, Sprecher von déi Lénk

Abschrift: Etienne Schneider, Wirtschaftsminister und Spitzenkandidat der LSAP

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